Antrag „Beitragsfreiheit für Kinder im Kindergartenalter“
Redebeitrag von Gisela Schobbe, Sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, zur GV-Sitzung am 19.6.2018; TOP 8:
Im Rahmen der Diskussionen um die Beitragsbefreiung für Kinder im Kindergartenalter sind eine Reihe von Fragen offen, die beantwortet werden müssen. Erst nach eingehender Diskussion, etwa um finanzielle Konsequenzen und räumliche sowie personelle Notwendigkeiten, kann über eine neue Beitragsordnung für die Betreuung im KiTa-Bereich entschieden werden.
Zunächst halten wir jedoch für die Eltern fest, dass die Gemeinde Mainhausen bereits einen Antrag gestellt hat, die Förderung der Hessischen Landesregierung in Höhe von 135,60 Euro pro Kind für sechs Stunden Betreuungszeit in Anspruch zu nehmen.
Das heißt: ab 01.08.2018 sind für alle Kinder zwischen 3 und 6 Jahren die Kosten für einen KiTa-Platz für sechs Stunden frei.
Foto: Schon seit Jahren plädieren Kai Gerfelder und Gisela Schobbe für eine Gebührenbefreiung durch das Land. Einen Verschiebebahnhof auf Kosten der Kommunen wollen beide jedoch nicht ohne weiteres in Kauf nehmen.
Um darüber hinaus eine neue Gebührenordnung erstellen zu können, sind jedoch belastbare Zahlen notwendig. Zum Teil bildet der aktuelle Haushaltsplan dafür eine gute Grundlage, um Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde größenordnungsmäßig einordnen zu können.
Jedoch kann die Gemeinde entsprechende Entscheidungen nicht im Alleingang treffen: Da Mainhausen über zwei konfessionelle Kindertagesstätten (St. Kilian und St. Wendelinus) verfügt, die zum Großteil aus Mitteln der Gemeinde finanziert werden, muss eine entsprechende Absprache getroffen werden. Ebenfalls muss auch ein Kontakt mit der Villa Kunterbunt erfolgen, um auch hier einvernehmlich über die Finanzierung zu sprechen. Fazit: Eine abgestimmte Regelung mit den KiTas anderer Träger sieht die SPD-Fraktion als absolut notwendig an!
Die bereits jetzt genannten Voraussetzungen weisen bereits darauf hin, dass entsprechende Regelungen nicht im Eilverfahren verabschiedet werden können. Allerdings weist das vorliegende Gesetz der Landesregierung sehr viele weitere Probleme auf – insbesondere, was die entstehenden Kosten für die Kommune betrifft.
Hierzu einige Anmerkungen:
Das Gesetz wurde erst Ende April beschlossen, die Drucksache zur Umsetzung stammt vom März diesen Jahres. Eine gründliche Vorarbeit zur Umstellung konnte nicht erfolgen, ist aber zwingend erforderlich:
Die Regelung sieht vor, für Kinder zwischen drei und sechs Jahren den KiTa-Besuch für sechs Stunden (täglich) beitragsfrei zu halten. Das Land zahlt der Kommune dafür monatlich einen Betrag von 135,60 Euro (135,60 Euro : 6 Stunden = 22,60 Euro pro täglicher Betreuungsstunde im Monat) für jedes Kind.
Aber: Etwa zwei Drittel aller Kinder sind länger als sechs Stunden in der Kita. Sechs Stunden Regelbetreuung sind inzwischen realitätsfern. Etwa die Hälfte aller Kinder in Mainhausen haben inzwischen einen Ganztagsplatz.
Für die Betreuungszeit oberhalb Sechs-Stunden-Regelung und die dadurch entstehende Finanzierungslücke muss ein Verfahren gefunden werden.
Wichtig ist aber auch: Die tatsächlichen Kosten pro Stunde sind für die Gemeinde bald dreimal so hoch wie der Betrag, den das Land als Zuschuss gibt. Bürgermeisterin Disser spricht in der Presse von über 57 Euro pro Stunde (gegenüber 22,60 Euro Landeszuschuss). Die Kosten für Investitionen in neue KiTas sowie Substanzerhalt und Pflege der alten Einrichtungen sind hier noch nicht eingerichtet.
Wichtig für eine seriöse Betrachtung des Landesgesetzes ist auch die Frage, woher denn das Geld kommt, dass das Land den Kommunen versprochen hat: Im Haushaltsplan stehen bereits jetzt Einnahmen in Höhe von 115 000 Euro aus dem Bambini Programm: Das Land hat die Sechsjährigen bereits in der Vergangenheit in ihrem letzten Kitajahr mit 100 Euro pro Kind und Monat bezuschusst. Diese fallen nun weg und werden durch 135,60 Euro ersetzt. In der Gesamtbilanz erhält die Gemeinde also somit für das letzte KiTa-Jahr nur 35,60 Euro zusätzlich.
Das Land Hessen entnimmt zudem zur Finanzierung ihres Vorhabens die Hälfte der nötigen Mittel aus dem Kommunalen Finanzausgleich (KFA). Also Geld das eigentlich ohnehin den Städten und Gemeinden zugeflossen wäre und nun bei den Zuwendungen an anderer Stelle fehlt.
Betrachten wir uns die bisherigen Ausgaben für unser Betreuungsangebot werden die bereits jetzt sehr hohen Kosten für die Gemeinde noch deutlicher: Allein im Haushaltsplan 2018 entsteht ein Defizit von über zwei Millionen (!!!) Euro für die laufenden Kosten der Kitabetreuung, das von der Gemeinde über Steuermittel finanziert werden muss. Ein Mehrbedarf an Erzieherinnen, begrüßenswerte Tarifsteigerungen bei den Entgelten für das Personal und der steigende Bedarf an räumlichen Voraussetzungen zur Gewährleistung eines breiten Angebotes werden dieses Defizit in Zukunft noch erhöhen.
Unklar ist auch, wie sehr die Nachfrage nach einer Betreuungszeit über die Sechs-Stunden-Regelung hinaus steigt, wenn nun für die Familien eine merkliche Entlastung eintreten wird. Neben diesen finanziellen und organisatorischen Fragen ist ebenfalls ungeklärt, ob generell die personellen Ressourcen vorhanden sind, einen entsprechenden Mehraufwand zu gewährleisten. Die Nachfrage nach Erzieherinnen und Erziehern ist hoch - bereits jetzt kommt es hin und wieder zu Engpässen.
Die SPD-Fraktion schlägt daher vor, all diese Unwägbarkeiten gründlich abzuprüfen und entsprechend notwendiges Datenmaterial zusammen zu tragen. Außerdem muss in Kooperation mit den konfessionellen und privaten Trägern ein Konzept für alle Einrichtungen abgestimmt werden. Nach Erarbeitung dieser Grundlagen kann eine seriöse Planung erfolgen und im Sozialausschuss eine neue Gebührenordnung über die Sechs-Stunden-Regelung hinaus erarbeitet werden. Wir sind der Meinung: Hier geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit – im Interesse der Kinder, der Eltern, der Träger und auch im Interesse der Steuerzahler.